Arbeitspaket 4 adressiert die gesellschaftliche Perspektive und bereitet die in den Arbeitspaketen 1 bis 3 generierten Informationen für Entscheidungsträger auf. Hierfür sollen folgende Fragen beantwortet werden: Welches sind relevante Entscheidungsträger? Wie sehen die Entscheidungsprozesse aus? Welche Informationen benötigen sie, um informierte Entscheidungen treffen zu können? In welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind sie – sowohl die Entscheidungsträger, aber auch die Entscheidungen selbst - eingebettet? Wie können die Informationen bestmöglich bereitgestellt werden?
In Kooperation mit den relevanten Stakeholdern werden gemeinsam Lösungen in einem Living Lab Ansatz erarbeitet. Hierbei handelt es sich um ein „Labor“ zur Erprobung sozialer und technologischer Innovationen unter möglichst realistischen Bedingungen – also in der eigentlichen Arbeitsumgebung der Zielgruppe.
mehr Informationen zum Living-Lab-Ansatz
Stakeholderidentifikation und -analyse
Die erste Phase des Living Labs beginnt mit der Identifizierung und Analyse der relevanten Stakeholder. Zunächst werden auf Basis einer Projekt-, Literatur- und Internetrecherche eine Bandbreite von Akteuren identifiziert. Diese können die Politik (zum Beispiel Bundes- oder Landesministerien oder kommunale Vertreter wie Bürgermeister), Verwaltungseinrichtungen (zum Beispiel obere Bundes- oder Landesbehörden wie das Umweltbundesamt oder der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz), Verbände (zum Beispiel NABU, BUND oder auch Fischereiverbände), Forschungseinrichtungen, NGOs (zum Beispiel OSPAR oder HELCOM), Unternehmen etc. umfassen. Anschließend wird basierend auf Methoden für Stakeholder-Analysen eine Matrix erstellt, die es erlaubt, die Schlüsselakteure zu identifizieren.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Ebenfalls in die 1. Phase des Living Labs fällt die Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen die in Aufgabe 4.1 identifizierten Akteure handeln. Hierzu werden zunächst die aktuellen internationalen und europäischen Regelungen zur marinen Kohlenstoffspeicherung und deren Auslegung durch die Anrainerstaaten der Nord- und Ostsee analysiert. Die Beurteilung wird die Regeln für den Klimawandel und die Regeln für den Naturschutz umfassen, denn letzterer spielt eine bedeutende Rolle bei der Kohlenstoffspeicherung im Meer. Desweiterenn wird sich unsere Forschung daher auf die Frage konzentrieren, inwieweit es eine Pflicht gibt, bestimmte Bereiche im Meeresumweltrecht für die spezifischen Zwecke der Kohlenstoffspeicherung, entweder implizit oder explizit, zu berücksichtigen.
Die derzeitigen Regeln für die erhöhte Aufnahme von Treibhausgasen in den Ozean konzentrieren sich auf die potenziell negativen Auswirkungen auf die Meeresumwelt einschließlich der Fauna und ihre Bewohner, berücksichtigen aber nicht die möglichen positiven Auswirkungen auf das globale Klima. Ähnliche Fragen spielen auf regionaler Ebene eine Rolle. Die Gesetze und Vorschriften der Europäischen Union (EU) entwickeln sich tendenziell schneller und sind detaillierter als die des Völkerrechts. Die EU verfügt über detaillierte Regelungen zu Naturschutzgebieten (Natura 2000) und Richtlinien, wie ein guter Umweltzustand der Meeresumwelt erreicht werden kann (Marine Strategy Framework Directive). CARBOSTORE wird sich auf die Frage konzentrieren, ob und in welchem Umfang diese Regelungen für die Abschwächung des Klimawandels und/oder die Anpassung an den Klimawandel geeignet sind.
Analyse der Entscheidungsprozesse
Die Ergebnisse der Aufgaben 4.1 und 4.2 bilden die Grundlage für die Analyse der Entscheidungsprozesse als Abschluss der 1. Phase des Living Labs. Untersucht wird, in welchem rechtlichen und institutionellen Rahmen durch wen welche Entscheidungen getroffen werden. Im Rahmen eines qualitativen System Dynamics Modelings werden „what-if“-Szenarien entwickelt. Wie verändern sich bspw. Entscheidungen in einem alternativen rechtlichen Rahmen? Wie ändern sich Entscheidungen, wenn die Entscheidungsträger z.B. zusätzliche Informationen über Sedimentations-Prozesse oder zu biogeochemischen Prozessen mit Einfluss auf die Kohlenstoffspeicherung erhalten? Es wird ebenfalls untersucht, wie diese Informationen bereitgestellt werden sollten. Wie verändern sich Entscheidungen, wenn die Informationen basierend auf hoch-innovativen digitalen Augmented-Reality (AR) Anwendungen bereitgestellt werden gegenüber traditionellen Visualisierungen in z.B. GIS-basierten Karten?
Für diese Analysen werden Interviews mit den in Aufgabe 4.1 als relevant eingestuften Stakeholdern geführt und Workshops organisiert. Auf diese Weise werden in einem iterativen Verfahren die Entscheidungssituationen, die Informationsbedarfe und mögliche Instrumente, diesen Informationsbedarf zu decken, immer weiter konkretisiert.
Entwicklung und Experimente mit Augmented-Reality (AR) Anwendung
Die zweite Phase des Living Labs umfasst das Experimentieren mit einer hoch-innovativen Augmented Reality (AR)-Anwendung. AR bietet die Möglichkeit komplexer Zusammenhänge und großer Datenmengen sehr anschaulich zu visualisieren. Basierend auf den Modellergebnissen aus den Arbeitspaketen 1 bis 3 und den Ergebnissen aus 4.3 werden die Optionen für AR-Anwendungen ermittelt.
Mit den AR-Anwendungen werden die „what-if“ Szenarien visualisiert und z.B. die Auswirkungen bestimmter Entwicklungen (z.B. die Auswirkungen von Meeresspiegelanstieg auf die verschiedenen Kohlenstoffspeicher) oder Entscheidungen (z.B. Reduzierung der Schadstoffkonzentration im Meer durch ein verändertes Düngemanagement in der Landwirtschaft) dargestellt.
Dies erleichtert den Entscheidungsträgern, die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf Grundlage wissenschaftlicher Analysen visuell – und damit leicht verständlich – zu erfassen. Die entwickelten AR-Anwendungen werden anschließend den identifizierten Stakeholdern vorgestellt, so dass diese die Anwendung unter möglichst realitätsnahen Bedingungen testen können. Ziel ist es, deren Feedback zu erhalten und die AR-Anwendung schrittweise zu verbessern, z.B. durch eine Anpassung der Nutzeroberfläche oder das Hinzufügen weiterer Parameter.
Umfassende Evaluation
Die dritte Phase des Living Labs widmet sich der umfassenden Evaluation in den folgenden Punkten:
Umgang mit dem entwickelten AR-Prototypen
Hierzu wird das Nutzerfeedback zum Umgang mit der AR-Anwendung systematisch
erfasst. Dies geschieht in einem zweistufigen Prozess. Zunächst werden über einen standardisierten Fragebogen Einschätzungen der Nutzer abgefragt und ausgewertet. Dies bildet die Grundlage für einen gemeinsamen Workshop, bei dem die aus den Fragebögen aufbereiteten Ergebnisse in der Gruppe reflektiert werden. Auf diese Weise wird den Nutzern die Möglichkeit gegeben, ihre Erfahrungen direkt an die AR-Entwickler zu kommunizieren. Andererseits dient der direkte Austausch auch der Kommunikation, warum möglicherweise von den Entscheidungsträgern gewünschte Features nicht bereitgestellt werden können.
Gesamter Stakeholder-Prozess
Die Evaluation des Stakeholder-Prozesses findet prozessbegleitend statt. Dies hilft, den Prozess kontinuierlich zu revidieren sowie ggf. steuernd einzugreifen und zu verbessern. Es geht dabei z.B. um Frage der ausreichenden Transparenz (werden alle rechtzeitig informiert) und Kommunikation (werden alle ausreichend informiert) oder der Vollständigkeit (sind alle relevanten Stakeholder identifiziert und involviert).
Kontakt
Walther-Schücking-Institute for International Law
Tel: + 49 431 880 2041
E-Mail KontaktClimate Service Center Germany
Tel: + 49 40 226 338 445
E-Mail Kontakt